Der folgende Artikel ist auf zentralplus unter der Rubrik «Bauern-Blog» am 18. Juni 2025 erschienen.

Sommerzeit ist auch für Tiere ein Genuss
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Schreibende Person
Anita Z`Rotz
Am Fusse des Stanserhorns, direkt am Jakobs- und Bruderklausenweg und mit wunderbarer Sicht auf See und Berge, liegt unser kleines Paradies Hof Murmatt auf 650 Meter über Meer. Seit Anfang 2014 bewirtschaften ich und mein Mann Martin unseren Kleinbetrieb mit 6.25 Hektaren mit viel Überzeugung nach den Richtlinien von Biosuisse. Unsere Hauptmotivation? Das Produzieren von gesunden Lebensmitteln und das Schaffen eines ökologischen Gleichgewichts.
Für die Kühe vom Hof Murmatt geht es bald per Taxi in die Sommerresidenz – sie dürfen auf die Alp. Wie die Fahrt in die Ferien von Ennetmoos auf die Kernalp über dem Engelbergertal abläuft, liest du im Blogbeitrag von Anita Z’Rotz.
Im letzten Beitrag habe ich euch mitgenommen in die stille Zeit des Winters, meine Planungsphase am Küchentisch. Wenn ich heute aus dem Fenster schaue – wobei, meistens bin ich ohnehin schon draussen –, ist es kaum vorstellbar, dass vor ein paar Wochen noch eine dicke Schneedecke den Garten unter sich begrub.
Schwupps, ist es Juni, und das Gemüse gedeiht – eine wahre Freude. Der Garten fordert täglich unsere Hände und Aufmerksamkeit. Bis jetzt hat sich die Mühe sehr gelohnt. Es ist alles wunderbar gewachsen. Die warmen Phasen und die regelmässigen Niederschläge verhelfen zu wunderbarem Erntesegen.
Bis vor Kurzem war auch die Arbeit mit den Kühen ein fester Bestandteil unseres Alltags. Die Herde ist zwar seit März fast täglich auf der Weide, aber dennoch muss gezäunt, gemistet und geschaut werden. So sehnen sich nicht nur die Kühe nach ihrem baldigen Umzug ins Sommerquartier – auch wir sind froh um die bevorstehende Arbeitserleichterung.

Die Familie Arnold lebt ganzjährig auf dem abgelegenen Bio-Bergbauernhof Oberalp, auf 1413 Metern über Meer, erschlossen nur über zwei «Buiräbähnli». Kleinseilbahnen sind in vielen Bergregionen mehr als nur ein Transportmittel – sie gehören zum Alltag und zur Tradition. Oft sind sie die einzige Verbindung zu abgelegenen Alpen oder Berghöfen. Ein wichtiges Kulturgut, das seit Generationen das Leben in den Bergen ermöglicht.
Per Kuhtaxi zur Sommerresidenz
Im Sommer bewirtschaftet die Familie zusätzlich die Kernalp, wo sie das Sömmerungsvieh betreut. Während einige Bauern wie wir ihre Tiere in den Sommermonaten auf die Alp geben, übernehmen Älplerfamilien wie die Arnolds für diese Zeit die Versorgung. Gegen Entgelt pflegen sie die Weiden, sorgen für das Wohl der Tiere und leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der alpinen Landwirtschaft.
Der Weg zur Alp ist weit – deshalb werden unsere Tiere mit Traktor und Anhänger hinaufchauffiert. Die Kernalp liegt in der Gemeinde Wolfenschiessen im Kanton Nidwalden. Eingebettet in die imposante Berglandschaft der Zentralschweiz mit den Gipfeln Risetenstock, Stanserhorn und Chaiserstuel. Direkt über der Alp verläuft der Arvigrat (2014 m ü. M.), der die Grenze zwischen Nid- und Obwalden markiert.

Ein wahres Paradies für unsere Mutterkühe: Die steilen, kräuterreichen Weiden sind ideal für das Rätische Grauvieh – eine alte, robuste Rasse, die mit ihrem geringen Gewicht und ihrer ausgeprägten Trittsicherheit bestens mit dem Gelände zurechtkommt. Und mit ihrem silbernen Fell sehen sie auch noch besonders schön aus. Überhaupt die Schönsten, die Grauen, finden wir.
Alpwirtschaft – Ferien für die Kühe
Die Sömmerung unserer Tiere ist mehr als nur ein traditioneller Bestandteil der Landwirtschaft – sie hat einen vielseitigen Nutzen. Für unsere Mutterkühe bedeutet der Sommer auf der Alp Ferien im besten Sinne. Denn Kühe mögen keine Hitze – sie fühlen sich bei kühleren Temperaturen deutlich wohler.
Auf rund 1700 bis 2200 Metern über Meer, umgeben von frischer Bergluft, schattenspendenden Tannen und der würzigen Kräutervielfalt der Alpwiesen, finden die Tiere ideale Bedingungen vor. Der Bewegungsfreiraum ist gross, die Nahrung abwechslungsreich und nährstoffreich. Zudem gibt es in der Höhe spürbar weniger Fliegen, was das Wohlbefinden steigert. Die natürliche Umgebung stärkt das Immunsystem, und das ständige Unterwegssein auf unebenem Gelände fördert ihre Trittsicherheit und Kondition.

Auch aus betrieblicher Sicht bringt die Sömmerung grosse Vorteile: Wenn die Tiere im Sommer auf der Alp weiden, können wir die Flächen rund um unseren Hof intensiver zur Futterproduktion für den Winter nutzen. Das gewonnene Heu sichert die Versorgung unserer Tiere in den kalten Monaten.
Verbundenheit mit der Natur
Da im Sommer keine Kühe auf dem Hof sind und nur noch Hühner, Katzen und Enten versorgt werden müssen, bleibt uns mehr Zeit für unseren arbeitsintensiven Gemüsebau – vom Jäten, Pflanzen, Ernten bis zum Packen der wöchentlichen Gemüsekörbe. Auch die Älplerfamilie profitiert, der Alpsommer ist für sie ein bedeutender Betriebszweig und sorgt dafür, dass wertvolles Kulturland bewirtschaftet bleibt.
Und nicht zuletzt gewinnt auch die Natur: Durch die nachhaltige Beweidung bleiben die Alpflächen offen, eine artenreiche Flora kann gedeihen – mit vielen seltenen Kräutern und Blumen. Diese Biodiversität zieht nicht nur zahlreiche Insekten und Vögel an, sondern sind auch ein beliebtes Freizeitziel. Auch für uns ist es jedesmal ein Highlight, mit den Kindern über den Arvigrat zu wandern und unsere Herde unterhalb eines Felsbandes zu sichten.
Wenn wir unsere Tiere auf der Alp wissen, erleben wir nicht nur Erleichterung und Zeitersparnis im Hofalltag, sondern auch ein Gefühl von Verbundenheit – mit der Natur, mit der Geschichte des Ortes, mit den Menschen dort oben. Es ist beruhigend zu wissen, dass unsere Kühe den Sommer über gut aufgehoben sind, gesund leben und im Herbst kräftig und zufrieden zurückkehren.
Wer weiss – vielleicht trefft ihr unsere Herde ja bei einer Wanderung an, irgendwo zwischen Arvigrat und Lauchernstock.