Drachenried.ch – die Geschichte

Abendstimmung über dem Drachenried (Bild: Rob Furger)

Im Zeichen des Drachens

Im sagenumwobenen Drachenried in Ennetmoos haben sich fünf Bauernfamilien zusammengetan, ihre Produkte vereint zu vermarkten.

Ihr Motto: Gemeinsam sind wir stärker.

Ihr Logo: Der geflügelte Drache. Unter dessen Fittichen schwang sich Drachenried.ch seit 2004 zur Bekanntheit empor. Eine Erfolgsgeschichte über Bauern, die Neues wagen. Und klein genug sind, Grosses zu leisten.

Text: Anita Lehmeier Bilder: Christian Perret – aus Nidwaldner Kalender 2018

Am Anfang stand eine Idee. Wie in jeder Geschichte. Und wie in jeder guten Geschichte war es eine gute Idee. In unserer hier war der zündende Gedanke der Ort: das sagenumwobene und geschichtsträchtige Drachenried. Dieses langgezogene, offene, idyllische Tal in Ennetmoos, eingebettet zwischen Stanserhorn und Mueterschwandenberg. Wo einst in dunkler Vorzeit Struth von Winkelried einen bösen Lindwurm, einen Drachen, soll erschlagen haben. Wo später auch wieder Blut vergossen wurde, in einer grossen Schlacht. Viel einheimisches und auch viel französisches. Die Idee zum Ort war aber keine kriegerische, eine kämpferische allerdings schon: Einen Namen wie Drachenried muss man nutzen. Seinen Nimbus, seine Kraft, seine Bekanntheit. 

Diese Gedanken gingen 2003 dem IT-Spezialisten Robert Furger durch den Kopf, wenn er durchs Tal wanderte oder bikte, um seinen Kopf zu lüften. Der gebürtige Urner aus Göschenen, zugewandert vom Mittelland, hatte sich «als fremder Fötzel» verliebt ins liebliche Tal. Und als ihn eines Tages Andy Barmettler ankickte wegen einer Website, da raschelte im Kopf des Internet-Profis der Drache mit seinen Flügeln. «Der Name und der Drache haben einen hohen emotionalen Wert, beides stellt eine gefühlsmässige Bindung an den Ort dar, das hätte man nicht besser erfinden können», meint Furger im Rückblick. Er fragte auf der Gemeinde nach, ob denn der Flurname Drachenried frei sei, er war. Sofort sicherte sich Furger den Orts- als Domain-Namen und verpasste dem Drachen aus dem Dorfwappen einen modernen Look, somit war Drachenried.ch geboren. Dann kamen neben Barmettlers noch weitere Produzenten an Bord, wer in welcher Reihenfolge, das weiss heute niemand mehr so genau. War auch nicht wichtig. Wichtig war die Idee: sich zusammenzutun, gemeinsam aufzutreten, eine gemeinschaftliche Plattform zu haben, seine Produkte vereint anzubieten. 

Die fünf Bauernfamilien bewirtschafteten weiterhin jede ihre Nischen, bauten ihre Spezialitäten an, jeder für sich, aber sie traten fortan gemeinsam unter dem Drachenried-Label im Markt auf. Die Drachenrieder sind keine AG, kein Verein, haben keine Statuten, keine fixen Versammlungen, auch keine Mitgliederbeiträge, ihr Erfinder arbeitet seit Anfang an ehrenamtlich. Furger, auch ein Marketing-Fuchs, liess sich für die Vermarktungsplattform noch einen knackigen Slogan einfallen: Hier wachsen gute Ideen zu feinen Produkten. Als 2008 der Laden der Pferdemetzg Omlin um und ausgebaut wurde, hatte Drachenried.ch neben der virtuellen auch eine reale Heimat gefunden. Seither finden Kunden die feinen Produkte, hübsch arrangiert zu Geschenkkörben oder einzeln, teilweise in Omlins Laden. Das ganze Angebot finden Gerngutesser auf der Homepage. 

Die Drachenrieder erfüllen alle für sich und gemeinsam die so oft geäusserte Forderung nach Innovation in der Landwirtschaft vorbildlich. Sie wirtschaften schon lange gemäss den in der Volksinitiative «Für Ernährungssicherheit» festgehaltenen Grundsätzen: «Die einheimische Landwirtschaft soll an die örtlichen Gegebenheiten angepasst sein, damit die Ökosysteme nicht überbelastet werden. Die verfügbaren Ressourcen wie Boden, Wasser und Nährstoffe sollen effizient genutzt werden. Dies trägt sowohl zum wirtschaftlichen Erfolg der Landwirtschaft als auch zum Schutz und Erhalt der Ressourcen bei.» 

Die fünf Drachenrieder und ihr Erfinder im Porträt:

«…wer hets erfundä?»

Bild: Rob Furger

Rob Furger Wahl-Ennetmooser 

«Ich bin der grösste Landbesitzer im Dorf», so lau­tet seine Standard­Antwort, wenn man ihn nach seiner Beziehung zum Drachenried fragt. Rob Furger meint das ironisch, obwohl es durchaus stimmt. Ihm gehört Drachenried.ch. Viel Land, wenn auch virtuelles. Der IT­Spezialist hatte die Idee lanciert, Namen und Signet erfunden, die Website initiiert, vor 13 Jahren, und seither be­ treibt er sie. Ehrenamtlich, übrigens. «Hobbymäs­sig. Wir haben kein TV, da bleibt viel Frei­Zeit für Sinnvolles», wehrt er bescheiden ab. Der Cyber­space ist seine berufliche Heimat, das Internet seine Scholle. Furger, ein Virtuose in der virtuel­len Welt, weiss, wie man zwischen dieser und der realen Welt Schnittstellen schafft. Und wie Net­Working geht. Wie man Synergien nutzt. All diese abstrakten Begriffe aus der modernen Busi­ness­Welt sind im Drachenried in die Wirklichkeit übersetzt. Eine Idee trägt Früchte. Oder wie der Leitspruch, der Claim, besagt: Hier wachsen gute Ideen zu feinen Produkten.

«Ich sah auf meinen Spaziergängen durchs Tal, dass sich viele Bauernbetriebe spezialisiert hatten und auf hochklassige Nischenprodukte setzten», erinnert sich Furger. «Sie tun genau das, was stets von den Bauern gefordert wird: Sie sind innovativ, risikofreudig. Ihre Produkte punkten mit Originalität, Regionalität und einer Portion Einfallsreichtum. Und es ist klar, dass in Zukunft ein grosser Teil der Wertschöpfung beim Bauern und Direktvermarkter sein muss und er dank kreativen Produkten Nischen besetzen kann. 

Tatsache ist aber auch, dass so ein Familienbetrieb oft zu klein ist, um sich selber gut vermarkten zu können.» Da kam dann eben Furger ins Spiel mit seiner Domain, dem Drachenried. Unter diesem Signet treten seither fünf Bauernfamilien als Vermarktungsgemeinschaft zusammen auf, denn: «Wer allein arbeitet, addiert. Wer zusammenarbeitet, multipliziert. Ganz einfach», so Furgers Credo. Mittlerweile ist das Drachenried gut etabliert, Idee und Produkte, Label und Läden, Höfe und ihre Events sind im Kanton bestens bekannt. «Viel weiter hinaus wollen wir gar nicht, der Regio-Gedanken, sprich kurze Wege, ist uns allen wichtig», so Furger. A propos Hiäsigs: Furger, das Drachenried-Mastermind, ist nicht nur der Branchenfremde in der Bauerngemeinschaft, er ist auch ein Zuzüger. Ursprünglich aus dem urnerischen Göschenen stammend («und da natürlich aus einer Bähnler-Familie, meine beiden Opas sind durch den Gotthard patrouilliert!») und im Aargau aufgewachsen, zog er mit seiner Frau Sandra im Jahr 2000 nach Ennetmoos. Mit dem frischen Blick von aussen erkannte er auf den Spaziergängen in der neuen Heimat das Potenzial der Gegend, die von Geschichte und Geschichten geradezu getränkt ist. «Der Name Drachenried vermittelt viel Emotionen. Und das will der Kunde heute zum guten Produkt dazukaufen.» Furger hat auch für gutes Essen ein Gespür. Bevor er in der Computerwelt gelandet ist, war er im lebensmittelverarbeitenden Bereich tätig: Er hat Koch gelernt. «Ein idealer Job, um strukturiert denken zu lernen», ist Furger überzeugt. Das Anpacken mit beiden Händen hatte er schon lange vor der Berufsausbildung intus. «Ich habe ab der dritten Primarklasse bis zur Stifti in jeden Schulferien als Ausläufer einer Bäckerei in Stoos (SZ) gearbeitet. Das war ein Knochenjob, gerade im Winter. Wir hatten als einzige ein Motorgefährt, alle andern waren mit Kutschen unterwegs. Damals hatte es noch richtig Schnee», erzählt Furger. Sein Gespür für Soziales hatte er bereits von Kindsbeinen an ausgebildet. «Mein Grossvater war ein Verdingbub. Seine Geschichte liess mich früh über Familien und Gemeinschaft nachdenken. Wenn ich nun mit meiner Arbeit dazu beitragen kann, das zu fördern und der nächsten Generation etwas Gutes zu hinterlassen, ist mir das Gewinn genug.»

Der ganze Artikel hier als PDF zum Download: «Im Zeichen des Drachen» – Nidwaldner Kalender 2018